Interview mit Issa Amro zum Ende der TIPH Mission

Seit über 20 Jahren war die sogenannte „Temporary International Presence Mission“ kurz TIPH im Rahmen einer einer internationalen Vereinbarung in der geteilten Stadt Hebron im Westjordanland tätig. Dort leben inmitten von rund 200.000 Palästinensern mehrere hundert jüdische Siedler, geschützt von der israelischen Armee, und es kommt häufig zu gewoltvollen Auseinandersetzungen. Nun wurde das TIPH Mandat durch die israelische Regierung nicht mehr verlängert. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte sich zuletzt kritisch über die Mission geäußert. Ich bedauere den Alternativlosen Wegfall dieser Mission und teile die Einschätzung des Auswärtigen Amtes: „Die Anwesenheit der Beobachter in Hebron – einem Ort, an dem die gewaltsamen Auswirkungen des Konfliktes besonders spürbar sind – hat zu Transparenz und Deeskalation vor Ort beigetragen. Als unabhängige, von beiden Seiten akzeptierte Mission haben sie Auseinandersetzungen zwischen Palästinensern und israelischen Siedlern so gut es ging zu verhindern versucht.“

Anlässlich dieser Entwicklung in Hebron habe ich Issa Amro, den ich im Rahmen des „Parlamentarier schützen Parlamentarier“ – Programms betreue, nach seiner Einschätzung gefragt.

Was war das Mandat der TIPH und welche Aufgaben haben sie in Hebron übernommen?

Die Internationale Mission hat zum Sicherheitsempfinden der Palästinenserinnen in Hebron beigetragen. TIPH hat über Menschenrechtsverltzungen und Gewalt von Siedlern berichtet. Wir haben die Beobachter gerufen, wenn Soldaten uns festgenommen oder Siedler uns angegriffen haben. Sie haben eine telefonische Hotline betrieben, um uns zu beraten und zu helfen. Sie haben viele humanitäre Projekte in Hebron implementiert. Sie dokumentierten außerdem Menschenrechtsverletzungen der Palästinensischen Autonomiebehörde uns gegenüber.

Was denkst Du warum das Mandat von TIPH nicht mehr verlängert wird?
Es gab eine Siedlerkampagne gegen die Mission. Sie wollen, dass wir Palästinenser in H2 isoliert und ohne Hilfe dastehen.  Auf der anderen Seite hatten Israelische Abgeordnete eine Durchsetzung der israelischen Souveränität in Hebron gefordert. Ich denke der Abzug internationaler Beobachter ist ein Schritt in diese Richtung.

Wie steht es derzeit um EAPPI (Ökumenisches Begleitprogramm in Palästina und Israel) und andere Beobachtungsmissionen?

EAPPI Mitglieder wurden mehrfach von Siedlern attackiert, belästigt und bedroht. Die Armee erschwerte ihnen die Arbeit in H2. Deshalb mussten sie im Sinne der Sicherheit ihrer Mitglieder beschließen, nicht mehr in H2 zu arbeiten.

Inwiefern beeinflusst der Wegfall internationaler Beobachter Dich und Deine Arbeit?

Wir fühlen uns nicht sicher, wir haben niemanden mehr mit dem wir reden und an den wir uns wenden können, wenn wir Probleme mit Siedlern oder der Armee haben. Die Schulkinder in Hebron haben sich sicher gefühlt, wenn sie die Beobachter am Schuleingang gesehen haben. Ich rechne mit verschärften Restriktionen uns gegenüber und einem Anstieg an Gewalt gegenüber unserer Arbeit.